Häutungen - The Big Strip Tease
Häutungen - The Big Strip Tease
Sarah Hautle
K++V
«Sich häuten. – Die Schlange, welche sich nicht häuten kann, geht zugrunde. Ebenso die Geister,
welche man verhindert, ihre Meinungen zu wechseln; sie hören auf Geist zu sein.»
Friedrich Nietzsche
In meiner Arbeit habe ich mich mit der Haut als Liminalem Raum und der Häutung (psychisch, reflexiver Akt) als „in Limbo“ Zustand auseinandergesetzt. Die Haut als symbolische Fläche zwischen Selbst und Welt ist Ort für zahlreiche Diskurse. Sie ist Grenze, Kontakt- und Projektionsfläche und Austragungsort der Identitätsproblematik. Meiner Meinung nach ist jedoch gerade an dieser Grenze Begegnung und Entwicklung möglich, wenn wir sie hinterfragen und versuchen sie zu erweitern. Im aktuellen Umbruch verliert die Haut als Grenze des Menschen zunehmend ihre Bedeutung. Der Humanismus löst sich auf und es entstehen neue Körperbilder, in denen die Haut vernetzt, anpassungsfähig und fluid ist. Die Häutung (psychisch, reflexiver Akt) als zyklisch wiederkehrender Veränderungsprozess ermöglicht Entwicklung, während das Auflösen des Menschenbildes neue Perspektiven eröffnet. Eine erweiterte Haut als künstlerische Strategie kann vielleicht dabei helfen, die Welt zu begreifen und in Kontakt zu treten.
Besonders viel Wert habe ich in meiner Auseinandersetzung auf das Material (Jute) gelegt. Ich wollte versuchen die, für meine Bedürfnisse, Ideale «Leinwandhaut» herzustellen. Die «Leinwandhaut» soll rau sein. Sie muss eine Grundlage bieten, um sich daran abarbeiten zu können. Es soll kein stabilisierendes Gerüst mehr existieren, sondern ausschliesslich Übergänge die aufgefaltet und räumlich auseinandergezogen werden können. Auch die Leinwand soll «werden» und Raum einnehmen oder abgeben können. Ich entschied mich schliesslich die Leinwand zu stricken. Da die körperliche Auseinandersetzung eine wichtige Rolle in meinem Prozess spielt, wollte ich in grossen Dimensionen arbeiten. Aus diesem Grund war es nötig, zu Beginn ein überdimensionales Strickset zu bauen. Die anfänglich geplante Malerei hat sich am Ende zu Gunsten des Materials von einem Farbauftrag zu einem Farbabtrag gewandelt. Mit Hilfe eines Bleichverfahrens habe ich versucht die Farbigkeit von Exuvien (leere Hüllen, bei der Häutung abgestreifte Haut der Häutungstiere bzw. der Reptilien) zu erreichen.
Es war inspirierend die Thematik der Haut / Häutung, mit welcher ich mich schon länger beschäftige in einen neuen Kontext, nämlich den der Liminalität, zu setzen. Dies hat mir ermöglicht neue Aspekte des Themas zu entdecken.
Mein Ziel war es, offen für den Prozess zu bleiben, auch wenn ich zu Beginn schon eine relativ konkrete Vorstellung hatte. Obwohl es mich oft verunsichert hat, bin ich im Nachhinein froh auch mal den unbekannten Pfad eingeschlagen zu haben. Ich denke, dass diese Entscheidungen die Arbeit nun bereichern. Was ich bedaure, ist, dass es die Zeit nicht zuliess, mehr mit meinen Mitstudierenden zusammenzuarbeiten.